Die österreichische Künstlerin Edith Lettner verbindet in ihrer Musik Kulturen. „African Jazz Spirit“, ihr neuestes Projekt, ist eine austro-senegalesisch-US-amerikanische Melange. Eine musikalische Weltenbürgerin im Porträt.
Am Anfang ist es ein starker, ruhiger Ton, der ein bisschen an den einer Oboe erinnert. Dann wird es weicher, melodiöser, emotionaler: Wie ein Flehen. Die Duduk, ein traditionelles armenisches Doppelrohrinstrument, sieht zwar aus wie eine Flöte, hat sonst aber nichts damit zu tun. „Sie ist vielseitig, klingt aber immer melancholisch, egal, was man damit macht. Das passt zur armenischen Geschichte“, sagt Edith Lettner, zieht das Mundstück ab und verstaut es in einer kleinen roten Schachtel.
Die Duduk spielt sie seit etwa zehn Jahren, ihre wahre Liebe gilt aber dem Saxophon. Auch in ihrem neuestem Projekt „African Jazz Spirit“ ist die gebürtige Linzerin die Saxophonistin. Die Formation mit Musikerinnen und Musikern aus dem Senegal, den USA und Österreich präsentierte 2013 hierzulande ihre erste CD „Trust Your Way“.
Mit sechs Jahren fing Lettner an, Klavier zu spielen. In der Pubertät gab sie das Instrument auf, konzentrierte sich auf die Malerei. Doch da fehlte etwas: „Es hat immer ein bisschen weh getan, wenn ich Bands musizieren sah“, sagt die heute 49-Jährige. Kurz nachdem sie von Linz nach Wien zog, wurde der Pinsel zu ihrem Instrument: „Ich gründete eine Performance-Gruppe mit Jazzmusikern und malte zu ihrer Musik, baute mich auf der Bühne ein, wie ein Musiker das tun würde.“
Dann, eines Tages, kaufte sich Lettner spontan ein Altsaxophon. Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren nahm sie wieder Unterricht und erkundete das Instrument. Schon bald kamen die ersten Auftritte mit afrikanischen Musikerinnen und Musikern: „Musik aus Afrika hat mir schon lange gefallen. Dann habe ich Leute aus der Szene getroffen.“
Die kenianischen und senegalesischen Musikerinnen und Musiker spielten von Anfang an gerne mit ihr, weil sie sich beim Improvisieren voll auf den Gesang einließ, und wegen ihrer überzeugenden Saxophon-Solos. Diese Zusammenarbeit ist für Lettner bis heute die wichtigste Schule auf ihrem Weg: „Ich lernte, offen und flexibel zu sein. Musiker aus Afrika verwenden keine Noten, man muss alles nach Gehör lernen“, so Lettner. „Auch von den vielfältigen Rhythmen und Grooves habe ich viel mitgenommen.“ Umgekehrt müssen sich afrikanische Musikerinnen und Musiker auf Lettner einlassen: „Ich bringe mehr Harmonien hinein und die Dynamik meiner Musik ist anders.“
Seit mehr als 15 Jahren lebt sie nun von der Musik, tritt in unterschiedlichen Formationen auf, komponiert Theater- und Filmmusik. Lettner überwindet Genre-Grenzen, spielt World Music, Jazz, Improvised Music.
Sie pendelt zwischen New York und Wien, sowie von ihrem Proberaum im 16. Bezirk ins Waldviertel, wo sie ihre Stücke komponiert. Sie verbringt viel Zeit in Senegal. „Als ich in Wien mit einer senegalesischen Band spielte, dachte ich mir, wenn das funktioniert, sollte es dort ebenso klappen. Das hat es dann auch.“ Mit Hilfe einer befreundeten Künstlerin knüpfte Lettner Kontakte. Sie probte mit dem „Orchestre National du Sénégal“, trat im Rahmen der Biennale in Dakar auf und improvisierte mit lokalen Musikern. „Die Rolle der Frau ist dort zwar eine andere als bei uns, aber im professionellen Bereich ist der Respekt immer da“, sagt Lettner.
2010 startete sie „African Jazz Spirit“ in Dakar. Mitbegründer ist Cheikh Ndao, Bassist und Kenner der Musikszene Dakars. Der Sound von „African Jazz Spirit“ ist groovig, der Gesang von Baboulaye Sissoko und Lettners Saxophonspiel sind eingängig.
Auch mit kurdischen, türkischen, persischen und armenischen Musikern arbeitete sie schon zusammen. Der Austausch mit Jazz-Musikern ist ihr wichtig. „Für mich geht es darum“, sagt sie, „mit vielen tollen Musikern zu spielen und mich weiterzuentwickeln. Diese Entwicklung hört nie auf.“ Lettner will dabei nicht nur ihre Musik mit anderen Einflüssen und Traditionen kombinieren. Sie will Neues schaffen – Mischungen, die eine Geschichte erzählen: „Ich muss etwas kreieren, das muss persönlich sein.“ Das kann grooven wie bei „African Jazz Spirit“ oder melancholisch sein, wie mit der Duduk.
Siobhán Geets schreibt als freie Journalistin für Tageszeitungen und Magazine.
Edith Lettner & African Jazz Spirit: Trust Your Way. Bestellung/Infos unter: www.edith-lettner.net
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